Hl. Märtyrer Michail Nowoselow (1864 — 1938)

In seiner Jugend war er ein Anhänger der Lehren von Lew Tolstoi und versuchte nicht nur in der Theorie, sondern auch persönlich in der Praxis, das Ideal einer kleinen Kommune zu verwirklichen. Von Tolstois Lehren enttäuscht, kehrte er zur Orthodoxie zurück und widmete seine ganze Seele und sein ganzes Leben dem Kampf für die Kirche. Zu dieser Zeit stand M. Nowoselow dem Vater von Sergej Fudel, dem Erzpriester Josef (Iosif) Fudel, nahe. Nachdem er die Reihe „Religiös-Philosophische Bibliothek“ ins Leben gerufen hatte, gründete er den „Zirkel der Sucher der christlichen Aufklärung“, dem die bekanntesten Vertreter der kirchlichen Intelligenzija angehörten. S. Berdjajew, der nicht Mitglied des Zirkels war, aber mehrmals an seinen Treffen teilnahm, schreibt über Novoselov: „Er machte den Eindruck eines heimlichen Mönchs“.[1]
In Anlehnung an A. Chomjakow wandte er sich gegen die Formalisierung der Autorität kirchlicher Führer nach dem Vorbild des römischen Katholizismus.[2]
Er verfasste mehrere Schriften zur Verteidigung der Imjaslavie (Onomatodoxie) und wandte sich insbesondere gegen das deklarative Verbot dieses empfindlichen Themas durch die Kirchenhierarchie. Er trat gegen Grigorij Rasputin auf und nahm an der II. Sektion des Lokalkonzils von 1917 teil.
Nach der Revolution kämpfte er aktiv und unversöhnlich gegen die Häresie der „Lebendigen Kirche“, wofür unter anderem 1922 ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet wurde. Da er aber bei der Durchsuchung am 11. Juli 1922 nicht in der Wohnung war, fand die Verhaftung nicht statt. Er war es, der der S. Fudel Kopien des „Appells“ des Metropoliten Agafangel (Preobraschenskij) übergab, die dann bei der ersten Verhaftung von Fudel entdeckt wurden.[3] Ab 1922 lebte er inkognito an verschiedenen Orten; in dieser Zeit seines Lebens schrieb er „Briefe an Freunde“, deren Hauptthema die Lehre über die Kirche, ihre Authentizität und Heiligkeit ist. Er akzeptiert die „Deklaration“ von Metropolit Sergius (Stragorodskij) nicht und spielte 1927 eine aktive Rolle in der sogenannten „Josifljaner“-Bewegung[4], die in Opposition zu Metropolit Sergius stand. Er wurde 1929 verhaftet und seitdem nicht mehr freigelassen. 1938 wurde er erschossen.
Die Information, dass M. Nowoselow im Jahre 1920 insgeheim das Mönchsgelübde ablegte und den Namen Markus annahm, und 1923 ebenso heimlich zum Bischof von Sergijew geweiht worden sei, ist unbestätigt; in den Memoiren der Töchter des Erzpriesters Fjodor Andrejew, der M. Nowoselow in den 1920er Jahren kannte, werden Vermutungen über eine solche Weihe widerlegt.[5] Die Bischofskonferenz kanonisierte ihn im Jahr 2000 als Laien im Rang eines Märtyrers.[6]
[1] Berdjaev, N. A.: Selbsterkenntnis, Paris 1949. S. 200
[2] „Wir, die Orthodoxen, sowohl die Herde als auch die Hirten, haben leider die falsche katholische Auffassung von der Bedeutung der Autorität im Bereich der Kirche übernommen. Unsere Hierarchie ist daran gewöhnt, sich selbst mit den Augen eines Katholiken zu betrachten (und hat diese Ansicht auch ihrer Herde eingeflößt), der in seinem Ersten Hierarchen einen unfehlbaren Richter auf dem Gebiet des Glaubens sieht.“ (Novoselov, M.A.: Briefe an Freunde, Brief 11)
[3] „Erst im Laufe der dritten Untersuchung im Jahre 1946 nannte S. I. Fudel, in dem Wissen, dass er damit niemandem schaden würde, den Namen der Person, die ihm Abschriften des Briefes zur Verteilung unter den Gläubigen übergeben hatte. Es war ein Freund seines Vaters gewesen, M. A. Novoselov …“ (EPr. Nikolaj Balašov, L. I. Saraskina: Sergej Fudel, Moskau 2011. S. 81)
[4] Eine Gruppe orthodoxer Christen, die Metropolit Iosif (Petrovič) folgten
[5] Andreeva M.F., Možanskaja A. F. (geb. Andreeva): Nach der Lektüre des „Synodik“. (Zeitschrift Vestnik der Orthodoxen Universität St. Tichon, Bd. II Geschichte. Geschichte der Russisch-Orthodoxen Kirche. Bd. II:1 (34), 2010. S. 59–83)
[6] Akte des Jubiläums-Bischofskonzils über die Verherrlichung der neuen Märtyrer und Bekenner Russlands des 20. Jahrhunderts
Quelle: https://fudel.ru/personalia/novoselov-mikhail-aleksandrovich/

